Von Anfang an
Die angebrochene dunkle Jahreszeit lädt zum Rückzug ein und konfrontiert uns mit dem Alleinsein. Letzte Farben schiessen in das Laub, bevor es fällt und Bäume und Büsche kahl zurücklässt. In den kommenden Frühling hinüber können wir nur die Samen nehmen von dem, was wir erneut aufblühen sehen wollen. Ich nehme das Frau-Mann-Thema mit, das mit der Wilden Göttin, meinem Buch zum Lilith-Mythos (1), am Anfang dieses Jahres seinen Auftakt hatte.
Die Transgender-Bewegung stellt uns vor die Frage, was das eigentlich ist, eine Frau, ein Mann. Biologisch ist es eindeutig: Frauen tragen das Chromosomenpaar XX, sie können schwanger werden und Kinder bekommen, haben Eileiter, Eierstöcke, Gebärmutter, Vagina, Vulva, ein tendenziell breiteres Becken, Busen und sind im Schnitt kleiner und weniger muskulös als Männer. Männer tragen das Chromosomenpaar XY, produzieren Spermien, haben Hoden, einen Penis, Bartwuchs, eine tiefere Stimme, ein schmaleres Becken, breitere Schultern, eine stärkere Körperbehaarung und im Allgemeinen einen höheren Wuchs als Frauen.
Doch so einfach ist das nicht mehr, seit die Biologie durch die soziale Prägung verdrängt wird. Wir haben uns nicht nur die Frage zu stellen, von welchem Geschlecht wir uns sexuell mehr angezogen fühlen, sondern welchem der über 70 «Geschlechter» wir selbst angehören. Heute gäbe es mehr als «nur» Frauen und Männer. Geschlecht wird nicht mehr als binäres Konzept betrachtet. Es hat sich zu einem Kontinuum entwickelt, in dem man sich mit allen möglichen Geschlechtsidentitäten identifizieren kann. Von Agender bis Xenogender: Orientierung – oder Desorientierung ? – geben nicht nur das biologische, sondern auch das soziale Geschlecht und bestimmte emotionale Vorlieben oder die Art, sich vor sich selbst und anderen darzustellen.
Mann? Frau? Mensch? Tier? Objekt?
Ich sehe so aus wie eine Frau und ich fühle mich auch so. Doch kann ich sicher sein, dass ich eine bin? «Erkenne dich selbst» steht als Orakelspruch am antiken Tempel des Apollon. Wer bin ich? Was denke und fühle ich? Welche Kräfte treiben mich an? Welches sind meine Werte, meine Vorlieben, meine Wünsche, meine Bedürfnisse, meine Erinnerungen, meine Ziele? Was macht mich zu einem Individuum? Zu einem Menschen?
Tiere fragen sich nicht nach der eigenen Identität und Pflanzen sicher auch nicht. Doch bin ich deshalb ein Mensch? Anhänger der Furry-Bewegung etwa halten sich für Tiere. Es gibt Menschen, die glauben, sie seien ein Heizkörper, eine Teekanne oder eine Butterdose. Wie kann ich sicher sein, dass ich keine bin? Woher weiss ich, dass ein Stuhl ein Stuhl ist und kein Tisch, Hocker oder Sessel? Gilt es also die ganze Welt neu zu definieren? Ist auf nichts mehr Verlass?
Währenddessen wird es für Frauen und Männer immer schwieriger, zusammenzukommen. Die Hauptleidtragenden aber sind die Kinder. Denn nur eine Frau, die sich als Frau fühlt, kann die Kraft entwickeln, ein Kind auf natürliche Weise auf die Welt zu bringen. Nur eine echte Frau spürt ihre weiblichen Instinkte, an denen sie sich während der Geburt orientiert. Nur eine echte Frau stellt auf Autopilot und lässt den natürlichen, seit Millionen Jahren erprobten Prozess geschehen.
Programmierte Probleme
Kann eine Frau, die sich nicht als Frau fühlt, sich als Mutter fühlen? In jedem Fall wird sie auf äussere medizinische Eingriffe und Medikamente angewiesen sein, wenn sie ihr Kind auf die Welt bringt. Man wird ihr und dem Kind Gewalt antun, indem man den natürlichen Vorgang unterbricht, und die Geburt zu einem traumatischen Erlebnis machen. Vielleicht wird sie sich für eine Kaisergeburt entscheiden, einen vorprogrammierten Kaiserschnitt, bei dem, wenn das Köpfchen des Kindes aus der Bauchdecke auftaucht, der Sichtschutz einen Moment gesenkt wird und das Kind ihr nach der «Entwicklung» kurz an die Brust gelegt wird.
Vorprogrammiert sind auch die Probleme. Durch die frühe Zerstörung der Mutter-Kind-Bindung wird das Kind Schwierigkeiten haben, im Leben Fuss zu fassen und intakte Verbindungen zu anderen Menschen aufzubauen. Kaiserschnittkinder können kein stabiles Immunsystem aufbauen und leiden häufig unter Diabetes, Allergien, Stoffwechselerkrankungen, Ekzemen, Asthma oder Lungenkrankheiten.
Angststörungen, Verlassenheitsgefühle, Alleinsein, Sich-falsch-fühlen, Borderline, Burnout, Narzissmus, Egoismus oder Aggressionen bis hin zur (Selbst)Zerstörung sind Auswirkungen unnatürlicher Geburten und gestörter Mutter-Kind-Beziehungen, ebenso wie Herrschsucht, Hyperaktivität, Übernervosität, Brechsucht oder Essensverweigerung. Alle diese Leiden sind eine Folge mangelnder Zuwendung.
Das nächste Kapitel
Auch auf Geburtstraumata ist es zurückzuführen, dass so viele Kinder ADHS und Autismus bekommen, Hör- und Sehprobleme, Lernstörungen, Depressionen und Suizidtendenzen. Selbstmord ist bei jungen Menschen zwischen 10 und 25 Jahren die erste Todesursache. Immer mehr Schulabgänger können nicht richtig schreiben und lesen. 70 bis 80 Prozent der Studenten an deutschen Universitäten haben massive Probleme, sich auch nur mittelschwere Texte zu erarbeiten. Etwa 20 Prozent der deutschen Bevölkerung kann überhaupt nicht lesen und schreiben. Verzweiflung und Orientierungslosigkeit nehmen zu, ebenso wie Süchte, Gewalt und Drogenmissbrauch.
Wenn wir also dem Elend und den Kriegen in der Welt wirklich etwas entgegensetzen wollen, dann müssen wir uns um die Geburten kümmern. Wenn wir die Welt verändern wollen, so der französische Gynäkologe Michel Odent, müssen wir zuerst die Art und Weise verändern, wie wir geboren werden. Kinderkriegen ist nicht nur Frauensache. Das Thema geht uns alle an! Wie Frauen und Männer hier zusammenwirken entscheidet über das nächste Kapitel der Menschheitsgeschichte.
Dies gilt es zu bedenken, wenn es um die Frage geht, was das eigentlich ausmacht, einen Mann, eine Frau. Während wir mit der Frage abgelenkt sind, ob wir cis sind, bi, trans, inter, divers, nicht-binär, gender-fluid, bigender oder a-gender, wird unsere Bindungsfähigkeit immer weiter gestört. Nicht nur Konflikte und Kriege sind auf diese Weise vorprogrammiert. Wer Sex durch Gender ersetzt, riskiert, in naher Zukunft weder Geschlecht noch Sex zu haben. Ihm bleibt, sich den neuen Frankenstein anzuschauen.
